Steuerliche und rechtliche Folgen des Brexit

Großbritannien und Nordirland sind Drittland

29.01.2021 — zuletzt aktualisiert: 08.09.2021

Bereits am 29. März 2017 teilte das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat den Austritt aus der EU mit, der eigentliche Austritt wurde dann am 31. Januar 2020 vollzogen. Damit verbunden war jedoch noch eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020. Bis zum Ablauf dieser Frist sollten weitere Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich beschlossen werden. Am 24. Dezember 2020 konnten sich beide Vertragspartner schließlich auf einen Kompromiss für einen „geregelten“ Brexit einigen. Das Freihandelsabkommen soll bis Ende Februar 2021 förmlich abgeschlossen sein und rückwirkend ab 1. Januar 2021 gelten.

Änderungen beim Dienstleistungs- und Warenverkehr beachten

Allerspätestens jetzt sollte klar sein, dass Großbritannien und Nordirland nicht mehr zum Geltungsbereich der Europäischen Union gehören, sondern Drittland sind. Der Drittland-Status gilt im Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien und Nordirland. Im Warenverkehr ist jedoch zu unterscheiden, denn für Nordirland gilt ein Sonderstatus. Danach unterliegen Warenlieferungen von und nach Nordirland weiterhin den umsatzsteuerlichen Regelungen des innergemeinschaftlichen Handels. Nicht so bei Warenlieferungen aus bzw. nach Großbritannien. Diese unterliegen den Drittlandregelungen. Bei einer Warenlieferung nach Großbritannien handelt es sich daher nunmehr um eine steuerfreie Ausfuhrlieferung, bei einem Import aus Großbritannien um eine Einfuhrlieferung und nicht mehr um einen innergemeinschaftlichen Erwerb. Anstelle der Umsatzsteuerpflicht im Reverse-Charge-Verfahren hat der empfangende Unternehmer Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen. Diese wird durch den Zoll erhoben, vorwiegend in Verbindung mit Zollgebühren. Da sich die EU mit Großbritannien auf eine Zollfreiheit unter bestimmten Bedingungen einigen konnte, fallen zwar meist keine Zölle an. Dennoch sind umfangreiche Zollpapiere auszufüllen.

Limited ist in Deutschland nicht mehr haftungsbeschränkt

Der Brexit wirkt sich auch auf das Gesellschaftsrecht aus. Gesellschaften, die nach britischem Recht gegründet wurden, jedoch ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, verlieren ihre Anerkennung als Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung. Dies betrifft insbesondere die Limited, die als Gesellschaftsform sehr beliebt war. Grund dafür ist die sogenannte „Sitztheorie“. Danach bestimmt sich das anzuwendende Gesellschaftsrecht nach dem Recht desjenigen Staates, in dem die Gesellschaft ihre Geschäftsleitung hat. So gilt eine Gesellschaft, die nach dem Recht eines Drittstaates gegründet wurde, wie z. B. eine englische Limited mit Geschäftsleitung in Deutschland, als nicht gegründete Kapitalgesellschaft. Für die Anerkennung unbeachtlich ist dabei, dass in Deutschland oftmals eine Zweigniederlassung im Handelsregister eingetragen ist. Je nachdem ob es sich um eine Ein-Personen-Limited oder eine Mehr-Personen-Limited handelt, wird die Limited in Deutschland nunmehr als Einzelunternehmen oder als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts behandelt. Das hat vor allem haftungsrechtliche Folgen, denn seit dem 1. Januar 2021 sind zivilrechtlich alle Aktiva und Passiva der Limited auf die beteiligten Gesellschafter übergegangen. Die Gesellschafter stehen nunmehr als Vollhafter mit ihrem gesamten Vermögen für ihr Unternehmen ein.

Die fehlende Anerkennung als Limited hat auch auf den Schriftwechsel und den Außenauftritt Auswirkungen. Soweit die Nachfolgegesellschaft weiterhin mit ihrem geschäftlichen Namen im Rechtsverkehr auftreten will, bedarf es eines Zusatzes „Nachfolgegesellschaft“ bzw. „Gesamtrechtsnachfolger“.

Hinweis: Der Brexit wirkt sich auch auf Beschäftigungsverhältnisse, Entsendungen und die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen aus. Hier gibt es allerdings Bestandschutz für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 1. Januar 2021 bestanden haben. Neue Beschäftigungen benötigen hingegen eine Arbeitserlaubnis nach dem allgemeinen Ausländerrecht.

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29.01.2021 — zuletzt aktualisiert: 08.09.2021

Steuerliche und rechtliche Folgen des Brexit

Großbritannien und Nordirland sind Drittland

Bereits am 29. März 2017 teilte das Vereinigte Königreich dem Europäischen Rat den Austritt aus der EU mit, der eigentliche Austritt wurde dann am 31. Januar 2020 vollzogen. Damit verbunden war jedoch noch eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2020. Bis zum Ablauf dieser Frist sollten weitere Vereinbarungen zur Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich beschlossen werden. Am 24. Dezember 2020 konnten sich beide Vertragspartner schließlich auf einen Kompromiss für einen „geregelten“ Brexit einigen. Das Freihandelsabkommen soll bis Ende Februar 2021 förmlich abgeschlossen sein und rückwirkend ab 1. Januar 2021 gelten.

Änderungen beim Dienstleistungs- und Warenverkehr beachten

Allerspätestens jetzt sollte klar sein, dass Großbritannien und Nordirland nicht mehr zum Geltungsbereich der Europäischen Union gehören, sondern Drittland sind. Der Drittland-Status gilt im Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien und Nordirland. Im Warenverkehr ist jedoch zu unterscheiden, denn für Nordirland gilt ein Sonderstatus. Danach unterliegen Warenlieferungen von und nach Nordirland weiterhin den umsatzsteuerlichen Regelungen des innergemeinschaftlichen Handels. Nicht so bei Warenlieferungen aus bzw. nach Großbritannien. Diese unterliegen den Drittlandregelungen. Bei einer Warenlieferung nach Großbritannien handelt es sich daher nunmehr um eine steuerfreie Ausfuhrlieferung, bei einem Import aus Großbritannien um eine Einfuhrlieferung und nicht mehr um einen innergemeinschaftlichen Erwerb. Anstelle der Umsatzsteuerpflicht im Reverse-Charge-Verfahren hat der empfangende Unternehmer Einfuhrumsatzsteuer zu zahlen. Diese wird durch den Zoll erhoben, vorwiegend in Verbindung mit Zollgebühren. Da sich die EU mit Großbritannien auf eine Zollfreiheit unter bestimmten Bedingungen einigen konnte, fallen zwar meist keine Zölle an. Dennoch sind umfangreiche Zollpapiere auszufüllen.

Limited ist in Deutschland nicht mehr haftungsbeschränkt

Der Brexit wirkt sich auch auf das Gesellschaftsrecht aus. Gesellschaften, die nach britischem Recht gegründet wurden, jedoch ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, verlieren ihre Anerkennung als Gesellschaft mit Haftungsbeschränkung. Dies betrifft insbesondere die Limited, die als Gesellschaftsform sehr beliebt war. Grund dafür ist die sogenannte „Sitztheorie“. Danach bestimmt sich das anzuwendende Gesellschaftsrecht nach dem Recht desjenigen Staates, in dem die Gesellschaft ihre Geschäftsleitung hat. So gilt eine Gesellschaft, die nach dem Recht eines Drittstaates gegründet wurde, wie z. B. eine englische Limited mit Geschäftsleitung in Deutschland, als nicht gegründete Kapitalgesellschaft. Für die Anerkennung unbeachtlich ist dabei, dass in Deutschland oftmals eine Zweigniederlassung im Handelsregister eingetragen ist. Je nachdem ob es sich um eine Ein-Personen-Limited oder eine Mehr-Personen-Limited handelt, wird die Limited in Deutschland nunmehr als Einzelunternehmen oder als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts behandelt. Das hat vor allem haftungsrechtliche Folgen, denn seit dem 1. Januar 2021 sind zivilrechtlich alle Aktiva und Passiva der Limited auf die beteiligten Gesellschafter übergegangen. Die Gesellschafter stehen nunmehr als Vollhafter mit ihrem gesamten Vermögen für ihr Unternehmen ein.

Die fehlende Anerkennung als Limited hat auch auf den Schriftwechsel und den Außenauftritt Auswirkungen. Soweit die Nachfolgegesellschaft weiterhin mit ihrem geschäftlichen Namen im Rechtsverkehr auftreten will, bedarf es eines Zusatzes „Nachfolgegesellschaft“ bzw. „Gesamtrechtsnachfolger“.

Hinweis: Der Brexit wirkt sich auch auf Beschäftigungsverhältnisse, Entsendungen und die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen aus. Hier gibt es allerdings Bestandschutz für Arbeitsverhältnisse, die bereits vor dem 1. Januar 2021 bestanden haben. Neue Beschäftigungen benötigen hingegen eine Arbeitserlaubnis nach dem allgemeinen Ausländerrecht.