Wo einst die edlen Ritter wohnten

Finanzgericht entscheidet über den Vorsteuerabzug für Sanierung einer Ritterburg

21.11.2023

Für Tagungen, kulturelle Veranstaltungen oder Familienfeiern darf es ja auch gern mal ein etwas ungewöhnlicherer Rahmen sein. Entsprechende Angebote gibt es viele, bei denen ehemalige Schlösser, Burgen oder Klöster neuen Nutzungen zugeführt werden. Ob das Ganze allerdings in Bezug auf den Vorsteuerabzug aus Sanierungskosten aus einer unternehmerischen Perspektive oder doch eher zu privaten Repräsentationszwecken erfolgt, musste jetzt das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 23. November 2022 (3 K 75/22) entscheiden. Die Revision beim Bundesfinanzhof ist unter dem Aktenzeichen XI R 32/22 anhängig.

Der Steuerpflichtige ist Nachkomme einer Familie, in deren Eigentum sich seit 1847 ein Herrenhaus befindet. Es handelt sich hierbei um eine ehemalige Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert. Der Steuerpflichtige hat seit Anfang der 1990er Jahre umfangreiche land- und forstwirtschaftliche Flächen wieder erwerben können, ebenso die Burg nebst Anbau sowie weitere Teile des vormaligen Gutes, wie den alten Kornspeicher und den Pferdestall. Ein Architekt erstellte für die Burg einschließlich Anbau eine Maßnahmenbeschreibung im Rahmen eines Fördermittelantrages.

Ritterburg als Tagungsstätte und Kulturraum

Die Konzeption sah vor, den Anbau zu einem Gästehaus umzubauen und zu vermieten. In der Burg sollte das Erdgeschoss als Wohnung für die Kläger sowie für die Verwaltung des Anwesens genutzt werden. Das Foyer sollte der Allgemeinheit zugänglich sein. Das 1. Obergeschoss sollte mit historisch wertvollen Wand- und Deckmalereien ausgestaltet werden, um als Öffentlichkeitsbereich für kulturelle Veranstaltungen, Vorträge, Konzerte, Seminare und Hochzeiten genutzt werden zu können. Das 2. Obergeschoss sollte „wie in alten Zeiten“ mit einfachen Gästezimmern hergerichtet werden. Für das Dachgeschoss der Burg wurde in einem kleinen Teilbereich ein Museum geplant. Während einer schadstoffbedingten Sanierungspause in der Burg konnte der Steuerpflichtige die Sanierung des ebenfalls erworbenen Pferdestalles fertigstellen und die des mehrstöckigen Kornspeichers maßgeblich voranbringen.

Ertragsteuerliche Liebhaberei – kein umsatzsteuerlicher Unternehmer?

Die Beteiligten streiten aber nicht nur über den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten, sondern ebenfalls um die ertragsteuerliche Behandlung. Nach einer Betriebsprüfung wurde die Sanierung und der geplante Betrieb des Anwesens durch das Finanzamt und Finanzgericht (Gerichtsbescheid vom 14.12.2021 – 3 K 10/19) als Liebhaberei eingestuft. Diesbezüglich ist ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig (X R 1/22). Außerdem erkannte die damalige Betriebsprüfung die geltend gemachte Vorsteuer im Wesentlichen nicht an, da zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges nicht objektiv erkennbar gewesen sei, dass die Burg und der Anbau zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze hätte verwendet werden sollen.

Dem widerspricht der Steuerpflichtige. Er gelte als Unternehmer und habe daher das Recht auf sofortigen Abzug der für die Investitionsausgaben entrichtenden Umsatzsteuer. Denn er habe von vorn herein mit der Sanierung der Burg beabsichtigt, diese auch für die Erzielung steuerpflichtiger Ausgangsumsätze zu nutzen. Allein die Tatsache, dass es sich nach der Auffassung des Finanzamtes ertragsteuerlich um einen Liebhabereibetrieb handele, könne die Rückgängigmachung des Vorsteuerabzuges nicht rechtfertigen.

Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen Recht und wies auf die im Vorverfahren ergangenen Begründungen hin. Wenn Nachhaltigkeit gegeben ist, kann nach geltendem Recht die Unternehmereigenschaft somit auch durch eine – aufgrund von Dauerverlusten – ertragsteuerlich als Liebhaberei eingestufte Tätigkeit erlangt werden. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes war der Steuerpflichtige nach Ansicht des Finanzgerichts als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Vorsteuerabzug steht dem Unternehmer bereits dann zu, wenn er die durch objektive Anhaltspunkte belegte bloße Absicht hat, steuerpflichtige Umsätze gegen Entgelt auszuüben. Diese Absicht des Steuerpflichtigen, ergibt sich nach Überzeugung des Finanzgerichts bereits aus dem Konzept des Architekturbüros, welches vor Beginn der Baumaßnahmen erstellt worden ist und das nicht nur die durchzuführenden Maßnahmen detailliert beschreibt, sondern auch Aussagen zu der beabsichtigten Verwendung enthält. Dieser Maßnahmenplan wurde durch das „Bewirtschaftungskonzept und Ergebnisprognose“ einer Unternehmensberatung in den Folgejahren fortgeschrieben und aktualisiert. Die Gründe für das Ausbleiben der erwarteten Umsätze aus dem Vermietungsbetrieb hat der Kläger glaubhaft geschildert. Diese werden vom Finanzamt auch nicht in Abrede gestellt. Insbesondere die festgestellte Schadstoffbelastung in der Burg habe zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung geführt. Jedoch kann dieses unvorhersehbare Ereignis nicht dazu führen, dem Steuerpflichtigen die Unternehmereigenschaft abzusprechen.

Das Finanzgericht hat für die Streitjahre nicht feststellen können, dass der Steuerpflichtige hinsichtlich der Sanierung der Burg nicht unternehmerisch gehandelt hat. Der Steuerpflichtige hat auf der Basis des Nutzungskonzeptes Spenden und Fördermittel erfolgreich eingeworben, ohne die die Sanierung nicht hätte durchgeführt werden können, und mit den Baumaßnahmen begonnen. Dass die Sanierung der Burg dann zunächst stockte und erst fortgesetzt werden konnte, nachdem es dem Steuerpflichtigen gelungen war, für die Schadstoffsanierung weitere Fördermittel einzuwerben, führt nicht zu einer anderen Betrachtung. Denn auch während dieser Zeit hat der Kläger das Konzept weiterverfolgt und die Sanierung der übrigen Gebäude weiter vorangetrieben.

Wie viel Repräsentation ist angemessen?

Aufgrund der für das Finanzgericht unstreitig vorliegen Unternehmereigenschaft sei dann in einem zweiten Schritt für ertragsteuerliche Liebhabereibetriebe umsatzsteuerlich zu prüfen, ob die Aufwendungen ihrer Art nach unter das Abzugsverbot für unangemessene Repräsentationsaufwendungen fallen. Dies war nach Ansicht des Finanzgerichts nicht der Fall. Das einkommensteuerrechtliche Abzugsverbot im Umsatzsteuerrecht ist dann anzuwenden, wenn die davon erfassten Aufwendungen einer sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation dienen. Das ist anhand einer typisierenden Betrachtungsweise festzustellen. Erfasst werden sollten Ausgaben, die ihrer Art nach überflüssige und unangemessene Repräsentation darstellen.

Die Sanierung der Burg weist nach Überzeugung des Finanzgerichts nicht typischerweise einen Zusammenhang mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen und/oder seiner Geschäftsfreunde auf. Sie war vielmehr Teil des unternehmerischen Gesamtkonzeptes des Steuerpflichtigen. Dieses bestand darin, den Kornspeicher, den Pferdestall und auch die Burg zu sanieren und die jeweiligen Gebäude unterschiedlichen Zwecken zuzuführen. Von der Burg wurde lediglich ein ganz kleiner Teil für die private Nutzung vorgesehen, für die der Steuerpflichtige keine Vorsteueransprüche geltend gemacht hat. Allein die Tatsache, dass das streitbefangene Objekt seit Jahrhunderten der Familie des Steuerpflichtigen gehört und seiner Art nach als Wasserburg ein Gebäude besonderer Qualität ist, führt nicht zu einer anderen Betrachtung.

Fazit

Auch ertragsteuerliche Liebhabereibetriebe können zum Vorsteuerabzug berechtigen, sofern damit steuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt werden oder dies zukünftig geplant ist. Eine frühzeitige Dokumentation der Verwendungsabsicht ist daher anzuraten.

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Finanzgericht entscheidet über den Vorsteuerabzug für Sanierung einer Ritterburg
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21.11.2023

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Finanzgericht entscheidet über den Vorsteuerabzug für Sanierung einer Ritterburg

Für Tagungen, kulturelle Veranstaltungen oder Familienfeiern darf es ja auch gern mal ein etwas ungewöhnlicherer Rahmen sein. Entsprechende Angebote gibt es viele, bei denen ehemalige Schlösser, Burgen oder Klöster neuen Nutzungen zugeführt werden. Ob das Ganze allerdings in Bezug auf den Vorsteuerabzug aus Sanierungskosten aus einer unternehmerischen Perspektive oder doch eher zu privaten Repräsentationszwecken erfolgt, musste jetzt das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 23. November 2022 (3 K 75/22) entscheiden. Die Revision beim Bundesfinanzhof ist unter dem Aktenzeichen XI R 32/22 anhängig.

Der Steuerpflichtige ist Nachkomme einer Familie, in deren Eigentum sich seit 1847 ein Herrenhaus befindet. Es handelt sich hierbei um eine ehemalige Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert. Der Steuerpflichtige hat seit Anfang der 1990er Jahre umfangreiche land- und forstwirtschaftliche Flächen wieder erwerben können, ebenso die Burg nebst Anbau sowie weitere Teile des vormaligen Gutes, wie den alten Kornspeicher und den Pferdestall. Ein Architekt erstellte für die Burg einschließlich Anbau eine Maßnahmenbeschreibung im Rahmen eines Fördermittelantrages.

Ritterburg als Tagungsstätte und Kulturraum

Die Konzeption sah vor, den Anbau zu einem Gästehaus umzubauen und zu vermieten. In der Burg sollte das Erdgeschoss als Wohnung für die Kläger sowie für die Verwaltung des Anwesens genutzt werden. Das Foyer sollte der Allgemeinheit zugänglich sein. Das 1. Obergeschoss sollte mit historisch wertvollen Wand- und Deckmalereien ausgestaltet werden, um als Öffentlichkeitsbereich für kulturelle Veranstaltungen, Vorträge, Konzerte, Seminare und Hochzeiten genutzt werden zu können. Das 2. Obergeschoss sollte „wie in alten Zeiten“ mit einfachen Gästezimmern hergerichtet werden. Für das Dachgeschoss der Burg wurde in einem kleinen Teilbereich ein Museum geplant. Während einer schadstoffbedingten Sanierungspause in der Burg konnte der Steuerpflichtige die Sanierung des ebenfalls erworbenen Pferdestalles fertigstellen und die des mehrstöckigen Kornspeichers maßgeblich voranbringen.

Ertragsteuerliche Liebhaberei – kein umsatzsteuerlicher Unternehmer?

Die Beteiligten streiten aber nicht nur über den Vorsteuerabzug aus den Sanierungskosten, sondern ebenfalls um die ertragsteuerliche Behandlung. Nach einer Betriebsprüfung wurde die Sanierung und der geplante Betrieb des Anwesens durch das Finanzamt und Finanzgericht (Gerichtsbescheid vom 14.12.2021 – 3 K 10/19) als Liebhaberei eingestuft. Diesbezüglich ist ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof anhängig (X R 1/22). Außerdem erkannte die damalige Betriebsprüfung die geltend gemachte Vorsteuer im Wesentlichen nicht an, da zum Zeitpunkt des Leistungsbezuges nicht objektiv erkennbar gewesen sei, dass die Burg und der Anbau zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze hätte verwendet werden sollen.

Dem widerspricht der Steuerpflichtige. Er gelte als Unternehmer und habe daher das Recht auf sofortigen Abzug der für die Investitionsausgaben entrichtenden Umsatzsteuer. Denn er habe von vorn herein mit der Sanierung der Burg beabsichtigt, diese auch für die Erzielung steuerpflichtiger Ausgangsumsätze zu nutzen. Allein die Tatsache, dass es sich nach der Auffassung des Finanzamtes ertragsteuerlich um einen Liebhabereibetrieb handele, könne die Rückgängigmachung des Vorsteuerabzuges nicht rechtfertigen.

Das Finanzgericht gab dem Steuerpflichtigen Recht und wies auf die im Vorverfahren ergangenen Begründungen hin. Wenn Nachhaltigkeit gegeben ist, kann nach geltendem Recht die Unternehmereigenschaft somit auch durch eine – aufgrund von Dauerverlusten – ertragsteuerlich als Liebhaberei eingestufte Tätigkeit erlangt werden. Entgegen der Auffassung des Finanzamtes war der Steuerpflichtige nach Ansicht des Finanzgerichts als Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt. Der Vorsteuerabzug steht dem Unternehmer bereits dann zu, wenn er die durch objektive Anhaltspunkte belegte bloße Absicht hat, steuerpflichtige Umsätze gegen Entgelt auszuüben. Diese Absicht des Steuerpflichtigen, ergibt sich nach Überzeugung des Finanzgerichts bereits aus dem Konzept des Architekturbüros, welches vor Beginn der Baumaßnahmen erstellt worden ist und das nicht nur die durchzuführenden Maßnahmen detailliert beschreibt, sondern auch Aussagen zu der beabsichtigten Verwendung enthält. Dieser Maßnahmenplan wurde durch das „Bewirtschaftungskonzept und Ergebnisprognose“ einer Unternehmensberatung in den Folgejahren fortgeschrieben und aktualisiert. Die Gründe für das Ausbleiben der erwarteten Umsätze aus dem Vermietungsbetrieb hat der Kläger glaubhaft geschildert. Diese werden vom Finanzamt auch nicht in Abrede gestellt. Insbesondere die festgestellte Schadstoffbelastung in der Burg habe zu einer erheblichen zeitlichen Verzögerung geführt. Jedoch kann dieses unvorhersehbare Ereignis nicht dazu führen, dem Steuerpflichtigen die Unternehmereigenschaft abzusprechen.

Das Finanzgericht hat für die Streitjahre nicht feststellen können, dass der Steuerpflichtige hinsichtlich der Sanierung der Burg nicht unternehmerisch gehandelt hat. Der Steuerpflichtige hat auf der Basis des Nutzungskonzeptes Spenden und Fördermittel erfolgreich eingeworben, ohne die die Sanierung nicht hätte durchgeführt werden können, und mit den Baumaßnahmen begonnen. Dass die Sanierung der Burg dann zunächst stockte und erst fortgesetzt werden konnte, nachdem es dem Steuerpflichtigen gelungen war, für die Schadstoffsanierung weitere Fördermittel einzuwerben, führt nicht zu einer anderen Betrachtung. Denn auch während dieser Zeit hat der Kläger das Konzept weiterverfolgt und die Sanierung der übrigen Gebäude weiter vorangetrieben.

Wie viel Repräsentation ist angemessen?

Aufgrund der für das Finanzgericht unstreitig vorliegen Unternehmereigenschaft sei dann in einem zweiten Schritt für ertragsteuerliche Liebhabereibetriebe umsatzsteuerlich zu prüfen, ob die Aufwendungen ihrer Art nach unter das Abzugsverbot für unangemessene Repräsentationsaufwendungen fallen. Dies war nach Ansicht des Finanzgerichts nicht der Fall. Das einkommensteuerrechtliche Abzugsverbot im Umsatzsteuerrecht ist dann anzuwenden, wenn die davon erfassten Aufwendungen einer sportlichen Betätigung, der Unterhaltung von Geschäftsfreunden, der Freizeitgestaltung oder der Repräsentation dienen. Das ist anhand einer typisierenden Betrachtungsweise festzustellen. Erfasst werden sollten Ausgaben, die ihrer Art nach überflüssige und unangemessene Repräsentation darstellen.

Die Sanierung der Burg weist nach Überzeugung des Finanzgerichts nicht typischerweise einen Zusammenhang mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen und/oder seiner Geschäftsfreunde auf. Sie war vielmehr Teil des unternehmerischen Gesamtkonzeptes des Steuerpflichtigen. Dieses bestand darin, den Kornspeicher, den Pferdestall und auch die Burg zu sanieren und die jeweiligen Gebäude unterschiedlichen Zwecken zuzuführen. Von der Burg wurde lediglich ein ganz kleiner Teil für die private Nutzung vorgesehen, für die der Steuerpflichtige keine Vorsteueransprüche geltend gemacht hat. Allein die Tatsache, dass das streitbefangene Objekt seit Jahrhunderten der Familie des Steuerpflichtigen gehört und seiner Art nach als Wasserburg ein Gebäude besonderer Qualität ist, führt nicht zu einer anderen Betrachtung.

Fazit

Auch ertragsteuerliche Liebhabereibetriebe können zum Vorsteuerabzug berechtigen, sofern damit steuerpflichtige Ausgangsumsätze erzielt werden oder dies zukünftig geplant ist. Eine frühzeitige Dokumentation der Verwendungsabsicht ist daher anzuraten.