Höhe des Trinkgelds muss üblich sein

Finanzgericht Köln versagt Steuerbefreiung für Trinkgelder von 50.000 Euro und 1,3 Millionen Euro

08.12.2023

Nicht nur in Hollywoodfilmen gab es „2 Millionen Dollar Trinkgeld“. Denn der Film beruht auf einer wahren Begebenheit, als 1984 ein US-Polizist statt eines Trinkgeldes seinen Lottoschein mit einer befreundeten Kellnerin teilte und beide zusammen 6 Millionen Dollar gewannen. In den beiden vom Finanzgericht Köln (Urteile v. 14.12.2022 – 9 K 2507/20 und 9 K 2814/20) zu entscheidenden Fällen ging es zwar nicht um Kellner, sondern um Prokuristen einer GmbH. Doch auch diese beiden wollten Zahlungen von 50.000 Euro bzw. 1,3 Millionen Euro als steuerfreie Trinkgelder deklarieren. Wie das Finanzgericht im Fall der Kellnerin entschieden hätte, ist unklar, aber den Prokuristen erteilte das Finanzgericht eine Abfuhr.

Die beiden betroffenen Prokuristen einer GmbH hatten von einer beteiligten Verwaltungs-GmbH Zahlungen von 50.000 Euro bzw. 1,3 Millionen Euro erhalten. Der alleinige Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH war im Streitjahr auch Geschäftsführer der GmbH, bei der die Prokuristen angestellt waren. Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung leistete die Verwaltungs-GmbH die genannten Zahlungen. Der Geschäftsführer fand warme Worte: „Ich persönlich möchte mich an dieser „Zwischenstation“ unserer erfolgreichen gemeinsamen Reise auch aus Sicht des Gesellschafters mit dem beigefügten ‘Scheck‘ ganz herzlich bei Dir für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken.“ Zudem wird in dem Schreiben „ohne Gewähr“ darauf hingewiesen, dass der Betrag überwiesen werde und es sich steuerrechtlich um eine Schenkung handele und das Finanzamt über die Schenkung zu informieren sei. Lohnsteuer oder Sozialversicherungsabgaben würden nicht anfallen. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Prokuristen und der GmbH über die Zahlung bestand nicht.

Zahlungen von Dritten als steuerfreie Trinkgelder?

Ein Prokurist erklärte die erhaltenen Zahlungen steuerlich zunächst nicht, legte diese dann aber unter Hinweis auf die Steuerfreiheit für Trinkgelder dem Finanzamt offen. Der Steuerpflichtige ging davon aus, dass es sich um ein steuerfreies Trinkgeld handele, da ihm der Betrag anlässlich seiner Arbeitsleistung von einem Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie bestand, zusätzlich zu dem Betrag gegeben worden sei, der vom Arbeitgeber für die Arbeitsleistung zu zahlen gewesen sei.

Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid und berücksichtigte die Zahlungen als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In den Erläuterungen zum Bescheid wies das Finanzamt darauf hin, dass freiwillige Sonderzahlungen konzernverbundener Unternehmen keine steuerfreien Trinkgelder seien, sondern steuerpflichtige Bezüge. Es fehle das nach der Rechtsprechung des BFH für den Trinkgeldbegriff charakteristische Gast- bzw. Kunden- Dienstleistungsverhältnis. Dagegen klagten beide Prokuristen.

Das Finanzgericht Köln folgte in diesem und in dem Fall des zweiten Prokuristen der Argumentation des Finanzamtes. Als Arbeitslohn zählen auch Zuwendungen durch Dritte, wenn sie ein Entgelt für eine Leistung bilden, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, sie sich für den Arbeitnehmer als Ertrag seiner individuellen Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Diese Voraussetzung sah das Finanzgericht als gegeben an, denn der Prokurist erhielt die strittige Zahlung der Verwaltungs-GmbH gerade für die – aus Sicht der zuwendenden Gesellschaft erfolgreiche – Tätigkeit als Prokurist der GmbH.

Steuerfreiheit nur bei üblicher Höhe und persönlicher Leistungserbringung

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Trinkgeld eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetzt. Das Trinkgeld und die damit „belohnte“ Dienstleistung kommen dem Arbeitnehmer und dem Kunden unmittelbar zugute.

Und auch wenn der Gesetzgeber im Jahr 2002 die damals noch enthaltene Freibetragsgrenze in Höhe von 1.224 € abschaffte, sollte nach Überzeugung des Finanzgerichts damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Begriff des Trinkgeldes keinerlei Begrenzung zu entnehmen wäre. Typischerweise erfolgt eine Trinkgeldzahlung in Ergänzung des Betrags, den der Kunde oder Gast selbst zu entrichten hat und der nach Überzeugung des Finanzgerichts den Maßstab für die Trinkgeldzahlung bilden dürfte. Die im Streitfall erhaltene Zahlung in Höhe von 50.000 € jedenfalls übersteigt den Rahmen dessen, was nach dem allgemeinen Begriffsverständnis als Trinkgeld verstanden werden kann, deutlich. Darüber hinaus fehlt es vorliegend am für das Trinkgeldverhältnis typischen persönlichen Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis.

Zwischen der Verwaltungs-GmbH und der GmbH bestand über das Beteiligungsverhältnis hinaus kein Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis, in dessen Rahmen der Prokurist die erforderliche zusätzliche Leistungsbeziehung hätte bedienen können, die Grundlage für die Trinkgeldzahlung ist. Der besondere Einsatz der Prokuristen bezog sich jedenfalls nicht auf die Zufriedenheit des von ihm persönlich betreuten „Kunden“, sondern vorrangig auf die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber seiner Arbeitgeberin, deren Geschäftsführer zugleich auch der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH war.

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Aktuelles
08.12.2023

Höhe des Trinkgelds muss üblich sein

Finanzgericht Köln versagt Steuerbefreiung für Trinkgelder von 50.000 Euro und 1,3 Millionen Euro

Nicht nur in Hollywoodfilmen gab es „2 Millionen Dollar Trinkgeld“. Denn der Film beruht auf einer wahren Begebenheit, als 1984 ein US-Polizist statt eines Trinkgeldes seinen Lottoschein mit einer befreundeten Kellnerin teilte und beide zusammen 6 Millionen Dollar gewannen. In den beiden vom Finanzgericht Köln (Urteile v. 14.12.2022 – 9 K 2507/20 und 9 K 2814/20) zu entscheidenden Fällen ging es zwar nicht um Kellner, sondern um Prokuristen einer GmbH. Doch auch diese beiden wollten Zahlungen von 50.000 Euro bzw. 1,3 Millionen Euro als steuerfreie Trinkgelder deklarieren. Wie das Finanzgericht im Fall der Kellnerin entschieden hätte, ist unklar, aber den Prokuristen erteilte das Finanzgericht eine Abfuhr.

Die beiden betroffenen Prokuristen einer GmbH hatten von einer beteiligten Verwaltungs-GmbH Zahlungen von 50.000 Euro bzw. 1,3 Millionen Euro erhalten. Der alleinige Inhaber und Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH war im Streitjahr auch Geschäftsführer der GmbH, bei der die Prokuristen angestellt waren. Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung leistete die Verwaltungs-GmbH die genannten Zahlungen. Der Geschäftsführer fand warme Worte: „Ich persönlich möchte mich an dieser „Zwischenstation“ unserer erfolgreichen gemeinsamen Reise auch aus Sicht des Gesellschafters mit dem beigefügten ‘Scheck‘ ganz herzlich bei Dir für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken.“ Zudem wird in dem Schreiben „ohne Gewähr“ darauf hingewiesen, dass der Betrag überwiesen werde und es sich steuerrechtlich um eine Schenkung handele und das Finanzamt über die Schenkung zu informieren sei. Lohnsteuer oder Sozialversicherungsabgaben würden nicht anfallen. Eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Prokuristen und der GmbH über die Zahlung bestand nicht.

Zahlungen von Dritten als steuerfreie Trinkgelder?

Ein Prokurist erklärte die erhaltenen Zahlungen steuerlich zunächst nicht, legte diese dann aber unter Hinweis auf die Steuerfreiheit für Trinkgelder dem Finanzamt offen. Der Steuerpflichtige ging davon aus, dass es sich um ein steuerfreies Trinkgeld handele, da ihm der Betrag anlässlich seiner Arbeitsleistung von einem Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie bestand, zusätzlich zu dem Betrag gegeben worden sei, der vom Arbeitgeber für die Arbeitsleistung zu zahlen gewesen sei.

Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid und berücksichtigte die Zahlungen als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In den Erläuterungen zum Bescheid wies das Finanzamt darauf hin, dass freiwillige Sonderzahlungen konzernverbundener Unternehmen keine steuerfreien Trinkgelder seien, sondern steuerpflichtige Bezüge. Es fehle das nach der Rechtsprechung des BFH für den Trinkgeldbegriff charakteristische Gast- bzw. Kunden- Dienstleistungsverhältnis. Dagegen klagten beide Prokuristen.

Das Finanzgericht Köln folgte in diesem und in dem Fall des zweiten Prokuristen der Argumentation des Finanzamtes. Als Arbeitslohn zählen auch Zuwendungen durch Dritte, wenn sie ein Entgelt für eine Leistung bilden, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, sie sich für den Arbeitnehmer als Ertrag seiner individuellen Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Diese Voraussetzung sah das Finanzgericht als gegeben an, denn der Prokurist erhielt die strittige Zahlung der Verwaltungs-GmbH gerade für die – aus Sicht der zuwendenden Gesellschaft erfolgreiche – Tätigkeit als Prokurist der GmbH.

Steuerfreiheit nur bei üblicher Höhe und persönlicher Leistungserbringung

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Trinkgeld eine dem dienstleistenden Arbeitnehmer vom Kunden oder Gast gewährte zusätzliche Vergütung, die eine gewisse persönliche Beziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten voraussetzt. Das Trinkgeld und die damit „belohnte“ Dienstleistung kommen dem Arbeitnehmer und dem Kunden unmittelbar zugute.

Und auch wenn der Gesetzgeber im Jahr 2002 die damals noch enthaltene Freibetragsgrenze in Höhe von 1.224 € abschaffte, sollte nach Überzeugung des Finanzgerichts damit nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass dem Begriff des Trinkgeldes keinerlei Begrenzung zu entnehmen wäre. Typischerweise erfolgt eine Trinkgeldzahlung in Ergänzung des Betrags, den der Kunde oder Gast selbst zu entrichten hat und der nach Überzeugung des Finanzgerichts den Maßstab für die Trinkgeldzahlung bilden dürfte. Die im Streitfall erhaltene Zahlung in Höhe von 50.000 € jedenfalls übersteigt den Rahmen dessen, was nach dem allgemeinen Begriffsverständnis als Trinkgeld verstanden werden kann, deutlich. Darüber hinaus fehlt es vorliegend am für das Trinkgeldverhältnis typischen persönlichen Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis.

Zwischen der Verwaltungs-GmbH und der GmbH bestand über das Beteiligungsverhältnis hinaus kein Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis, in dessen Rahmen der Prokurist die erforderliche zusätzliche Leistungsbeziehung hätte bedienen können, die Grundlage für die Trinkgeldzahlung ist. Der besondere Einsatz der Prokuristen bezog sich jedenfalls nicht auf die Zufriedenheit des von ihm persönlich betreuten „Kunden“, sondern vorrangig auf die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber seiner Arbeitgeberin, deren Geschäftsführer zugleich auch der Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH war.