Die Insolvenz bleibt Privatsache

Kosten des Verfahrens weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastungen

19.04.2024

Ein Insolvenzverfahren ist nicht nur emotional eine Belastung für Unternehmer. Zu den die Insolvenz auslösenden Schulden kommen meist noch weitere Kosten für das Insolvenzverfahren hinzu. Diese wollte eine Steuerpflichtige als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften absetzen, da die Insolvenzverwalterin zur Befriedigung der Gläubiger die Vermietungsobjekte veräußert hat. Das Finanzgericht Hamburg lehnte dies in seinem Urteil vom 19. Oktober 2023 (1 K 97/22) ab. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, denn die eingelegte Revision ist unter dem Aktenzeichen IX R 29/23 beim Bundesfinanzhof anhängig.

Insolvenz aufgrund von Anträgen der Gläubiger

Bei der Steuerpflichtigen wurde nach Insolvenzanträgen der Krankenkasse, der Rentenversicherung sowie des Finanzamtes wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung umfasste das Vermögen der Steuerpflichtigen im Wesentlichen das Alleineigentum an zwei vermieteten Mehrfamilienhäusern. Diese wurden im Rahmen des Insolvenzverfahrens durch die Insolvenzverwalterin veräußert. Das Insolvenzverfahren wurde daraufhin beendet, wobei es aufgrund der Veräußerung des Vermögens zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger kam. Eine Restschuldbefreiung wurde daher weder beantragt noch erteilt.

Die Steuerpflichtige beantragte eine Berücksichtigung der Kosten des Insolvenzverfahrens als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften. Denn die veräußerten Vermietungsobjekte hätten das wesentliche Vermögen der Steuerpflichtigen dargestellt. Die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften resultierten daher allein aus der Veräußerung der Vermietungsobjekte im Insolvenzverfahren. Dies habe zur Folge, dass die gesamten Kosten in einem Veranlassungszusammenhang mit der Veräußerung der Vermietungsobjekte stünden, da es ohne das Insolvenzverfahren nicht zu einer Veräußerung der Vermietungsobjekte gekommen wäre.

Finanzgericht verneint Zusammenhang mit Vermietungsobjekten

Das Finanzamt und das Finanzgericht folgten der Argumentation der Steuerpflichtigen nicht. Nach Ansicht des Finanzgerichts diene das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt werde. Die erklärten Aufwendungen für das Insolvenzverfahren seien daher nicht ausschließlich mit den Einkünften aus einem privaten Veräußerungsgeschäft zu verknüpfen. Dabei sei entscheidend zu berücksichtigen, dass das Insolvenzverfahren und damit die Entstehung der erklärten Kosten hätte verhindert werden können, wenn die Steuerpflichtige ihr Vermögen rechtzeitig verwertet und damit die Fremdinsolvenzanträge abgewendet hätte. Es fehle an dem für die Annahme von Werbungskosten notwendigen objektiven Zusammenhang zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der Notwendigkeit der Schuldenbereinigung durch dieses und der Veräußerung der Vermietungsobjekte durch die Insolvenzverwalterin.

Das „auslösende Moment“ für die Entstehung der streitgegenständlichen Kosten des Insolvenzverfahrens waren allein die Fremdinsolvenzanträge der Gläubiger. Die den Fremdinsolvenzanträgen zugrundeliegenden Verbindlichkeiten weisen keinen näheren Bezug zu den Vermietungsobjekten auf. Die durch die Veräußerung der Vermietungsobjekte entstehende Bezüge zu den Einkünften treten hinter dem allgemeinen Interesse des Insolvenzverfahrens zurück. Das Finanzgericht betonte, dass die Durchführung des Insolvenzverfahrens als solches weder dem Erwerb noch der Sicherung und Erhaltung der Vermietungseinkünfte gedient hat. Im Gegenteil führte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazu, dass die Vermietungsobjekte verwertet wurden und die Steuerpflichtige damit die Quelle ihrer Vermietungseinkünfte verlor.

Kosten des Insolvenzverfahrens nicht zwangsläufig

Die Kosten des Insolvenzverfahrens sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen, denn es fehlt an der Außergewöhnlichkeit. Aufwendungen entstehen zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Nach Ansicht der Richter ist eine Überschuldung von Privatpersonen kein gesellschaftliches Randphänomen und damit nicht außergewöhnlich. Vielmehr sind Insolvenzverfahren von Verbrauchern und unternehmerisch tätigen Personen keineswegs unüblich. Insbesondere im betrieblichen Bereich ist eine Insolvenz erst recht kein außergewöhnliches Ereignis, sondern gehört vielmehr zur Marktwirtschaft systemimmanent dazu.

Fazit

Die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners sind keine Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter, da es an einem objektiven Veranlassungszusammenhang fehlt. Die Kosten des Insolvenzverfahrens stellen auch keine außergewöhnliche Belastung dar.

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Die Insolvenz bleibt Privatsache

Kosten des Verfahrens weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastungen
Aktuelles
19.04.2024

Die Insolvenz bleibt Privatsache

Kosten des Verfahrens weder Werbungskosten noch außergewöhnliche Belastungen

Ein Insolvenzverfahren ist nicht nur emotional eine Belastung für Unternehmer. Zu den die Insolvenz auslösenden Schulden kommen meist noch weitere Kosten für das Insolvenzverfahren hinzu. Diese wollte eine Steuerpflichtige als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften absetzen, da die Insolvenzverwalterin zur Befriedigung der Gläubiger die Vermietungsobjekte veräußert hat. Das Finanzgericht Hamburg lehnte dies in seinem Urteil vom 19. Oktober 2023 (1 K 97/22) ab. Doch das letzte Wort ist noch nicht gesprochen, denn die eingelegte Revision ist unter dem Aktenzeichen IX R 29/23 beim Bundesfinanzhof anhängig.

Insolvenz aufgrund von Anträgen der Gläubiger

Bei der Steuerpflichtigen wurde nach Insolvenzanträgen der Krankenkasse, der Rentenversicherung sowie des Finanzamtes wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung umfasste das Vermögen der Steuerpflichtigen im Wesentlichen das Alleineigentum an zwei vermieteten Mehrfamilienhäusern. Diese wurden im Rahmen des Insolvenzverfahrens durch die Insolvenzverwalterin veräußert. Das Insolvenzverfahren wurde daraufhin beendet, wobei es aufgrund der Veräußerung des Vermögens zu einer vollständigen Befriedigung der Gläubiger kam. Eine Restschuldbefreiung wurde daher weder beantragt noch erteilt.

Die Steuerpflichtige beantragte eine Berücksichtigung der Kosten des Insolvenzverfahrens als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften. Denn die veräußerten Vermietungsobjekte hätten das wesentliche Vermögen der Steuerpflichtigen dargestellt. Die Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften resultierten daher allein aus der Veräußerung der Vermietungsobjekte im Insolvenzverfahren. Dies habe zur Folge, dass die gesamten Kosten in einem Veranlassungszusammenhang mit der Veräußerung der Vermietungsobjekte stünden, da es ohne das Insolvenzverfahren nicht zu einer Veräußerung der Vermietungsobjekte gekommen wäre.

Finanzgericht verneint Zusammenhang mit Vermietungsobjekten

Das Finanzamt und das Finanzgericht folgten der Argumentation der Steuerpflichtigen nicht. Nach Ansicht des Finanzgerichts diene das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt werde. Die erklärten Aufwendungen für das Insolvenzverfahren seien daher nicht ausschließlich mit den Einkünften aus einem privaten Veräußerungsgeschäft zu verknüpfen. Dabei sei entscheidend zu berücksichtigen, dass das Insolvenzverfahren und damit die Entstehung der erklärten Kosten hätte verhindert werden können, wenn die Steuerpflichtige ihr Vermögen rechtzeitig verwertet und damit die Fremdinsolvenzanträge abgewendet hätte. Es fehle an dem für die Annahme von Werbungskosten notwendigen objektiven Zusammenhang zwischen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, der Notwendigkeit der Schuldenbereinigung durch dieses und der Veräußerung der Vermietungsobjekte durch die Insolvenzverwalterin.

Das „auslösende Moment“ für die Entstehung der streitgegenständlichen Kosten des Insolvenzverfahrens waren allein die Fremdinsolvenzanträge der Gläubiger. Die den Fremdinsolvenzanträgen zugrundeliegenden Verbindlichkeiten weisen keinen näheren Bezug zu den Vermietungsobjekten auf. Die durch die Veräußerung der Vermietungsobjekte entstehende Bezüge zu den Einkünften treten hinter dem allgemeinen Interesse des Insolvenzverfahrens zurück. Das Finanzgericht betonte, dass die Durchführung des Insolvenzverfahrens als solches weder dem Erwerb noch der Sicherung und Erhaltung der Vermietungseinkünfte gedient hat. Im Gegenteil führte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens dazu, dass die Vermietungsobjekte verwertet wurden und die Steuerpflichtige damit die Quelle ihrer Vermietungseinkünfte verlor.

Kosten des Insolvenzverfahrens nicht zwangsläufig

Die Kosten des Insolvenzverfahrens sind auch nicht als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen, denn es fehlt an der Außergewöhnlichkeit. Aufwendungen entstehen zwangsläufig, wenn sich der Steuerpflichtige ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Nach Ansicht der Richter ist eine Überschuldung von Privatpersonen kein gesellschaftliches Randphänomen und damit nicht außergewöhnlich. Vielmehr sind Insolvenzverfahren von Verbrauchern und unternehmerisch tätigen Personen keineswegs unüblich. Insbesondere im betrieblichen Bereich ist eine Insolvenz erst recht kein außergewöhnliches Ereignis, sondern gehört vielmehr zur Marktwirtschaft systemimmanent dazu.

Fazit

Die Kosten des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners sind keine Werbungskosten im Zusammenhang mit der Erzielung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Grundstücks durch den Insolvenzverwalter, da es an einem objektiven Veranlassungszusammenhang fehlt. Die Kosten des Insolvenzverfahrens stellen auch keine außergewöhnliche Belastung dar.